Gestalttherapie

Was ist Gestalttherapie

„Was immer existiert, ist hier und jetzt. Die Vergangenheit ist gegenwärtig als Erinnerung, Nostalgie, Bedauern, Ressentiment, Phantasie, Legende, Geschichte. Die Zukunft existiert in der aktuellen Gegenwart als Vorwegnahme, Planung, Probehandeln, Erwartung, Hoffnung oder Furcht und Verzweiflung.“

Laura Perls (Mitbegründerin der Gestalttherapie)

 

Eine der Vielen Definitionen

Gestalttherapie - und der Gestalt-Ansatz in Beratung, Begleitung, Bildung und Personalentwicklung - unterstützt Individuen, Paare, Familien, Gruppen und Organisationen auf inspirierende, kreativ provozierende und aktivierende Weise darin, im bewussten Kontakt mit den eigenen Wahrnehmungen, Deutungen und Gestaltungen, Bedürfnissen, Werten, Zielen und Ressourcen zu leben - im konstruktiven Dialog mit sich selbst und anderen, mit Umfeld und Umwelt.


Auf Augenhöhe

Das alles findet auf lebensnahe, realistische Art statt, und bezieht sich primär auf das aktuelle Leben der Klienten. Der für die Gestalttherapie typische Stil zeigt sich auch darin, dass ein Gestalttherapeut seinen Klienten trotz seiner Qualifikation nicht in der Rolle eines überlegenen Experten gegenübertritt. Er begegnet ihnen vielmehr als ein persönlich erkennbarer, verständnisvoller Mensch, der sie mit Interesse und Engagement auf ihrer Entdeckungsreise begleitet. Seine Qualifikation besteht in seinen Kompetenzen als Begleiter, die er sich in seiner Ausbildung und seiner eigenen Therapie erworben hat. Aus dieser anregenden und zuverlässigen Begleitung können sich für die Klienten eine Menge Ermutigung und Sicherheit ergeben, die sie für ihren zwar manchmal beängstigenden und mühevollen, aber immer auch bereichernden Veränderungs- und Entwicklungsprozess benötigen.


Gestalt - was ist das?

Der Begriff „Gestalt“ ist aus der Gestaltpsychologie übernommen und wird in der Gestalttherapie gleichbedeutend verwendet mit „Ganzheit“. Aus der Gestaltpsychologie stammt die Erkenntnis, dass der Mensch seine Wahrnehmungen zu sinnvollen Einheiten – Gestalten – zu schließen versucht. Eine Gestalt ist mehr als die Summe ihrer Teile; alles Erfahrbare – auch eine Begegnung, eine Erinnerung, ein Gefühl – kann eine Gestalt sein. Perls ging davon aus, dass viele Menschen „zersplittert“ sind, ihnen die Ganzheit fehlt. Dadurch erleben sie bewusst auch nur Teile ihrer selbst und sich selbst nicht als Ganzes. Ziel der Gestalttherapie ist es daher, dem Menschen zu helfen, sich seiner verdrängten, unbewussten Teile bewusst zu werden, sie zu akzeptieren und zu integrieren und so zu einer neu gewonnenen Ganzheit zu verhelfen. Heilung ist die Vollendung einer prägnanten Gestalt.



Wie Gestalttherapeuten arbeiten

Gestalttherapeuten wollen dieser Vielfalt von Individualität gerecht werden. Sie fördern die persönliche Veränderung ihrer Klienten, indem sie sie dabei unterstützen, mit sich selbst und anderen Menschen aktiv neue Erfahrungen zu machen, auf lebendige Weise neue Erlebens- und Verhaltensweisen zu erlernen und bestehende Schwierigkeiten zu überwinden


Menschenbild der Gestalttherapie

Im Mittelpunkt steht ein ganzheitliches Weltbild; die Gestalttherapie sieht den Menschen als Einheit von Körper, Seele und Geist und unterstützt ihn, Ganzheit wiederzuerlangen. Der Mensch hat die Fähigkeit zur Selbstregulierung und Selbstheilung. Er steht in einer ständigen Wechselbeziehung zu einem Umfeld sozialer, gesellschaftlicher und ökologischer Bedingungen und ist selbstverantwortlich. Die Gestalttherapie ermutigt zum Experiment und zu neuen Erfahrungen. Sie öffnet einen Raum des Erlebens, in dem Altes wieder auftauchen und Neues gewagt werden kann; einen Raum für Spontaneität und Kreativität, für neue individuelle Antworten und neue Fragen. Sie lädt ein, den eigenen Weg im eigenen Rhythmus zu gehen


Ich und Du

Die „Ich-Du-Ebene“ Martin Bubers ist die Zielvorstellung für die therapeutische Grundhaltung. Das Wesentliche sind nicht die beiden Individuen, sondern das „Dazwischen“, das beide vereint. Die Therapeutin / der Therapeut ist präsent, begegnungsfähig, an der Klientin / dem Klienten interessiert, akzeptiert diese/n und lässt sich auch innerlich von ihr bzw. ihm berühren. Diese wertschätzende Mitmenschlichkeit der Therapeutin / des Therapeuten gewährt der Klientin / dem Klienten die Aufrechterhaltung der eigenen Würde, Unversehrtheit und Selbstbestimmung. Sie bzw. er erfährt sich durch die Beziehung gehalten, auch wenn Teilaspekte der Person kritisch konfrontiert werden.



Experimente und Erforschen

Deshalb wird in einer Gestalttherapie nicht nur geredet, sondern auch ausprobiert und experimentiert: mit Verhaltensweisen, körperlichen Bewegungen und Haltungen, mit Gedanken, Gefühlen und Einstellungen, und zwar sowohl mit den altbekannten als auch mit möglichen neuen. Es werden möglichst alle Bereiche menschlicher Erfahrung einbezogen und erforscht, der zwischenmenschliche Bereich, der emotionale, der körperliche und der intellektuelle. Gestalttherapeuten sind überzeugt, dass nur alle Bereiche gemeinsam jene ganzheitliche Gestalt bilden, die einen Menschen ausmacht — daher auch der Begriff „Gestalttherapie”.


Hier und Jetzt

Das Hier-und-Jetzt ist Ausgangspunkt der gestalttherapeutischen Arbeit, denn alles Denken und Fühlen geschieht immer nur in der Gegenwart. Die Vergangenheit können wir nicht ändern, aber wir können lernen, die Wirkung vergangener Ereignisse und früher Erfahrungen zu reflektieren und unseren Blick auf die Vergangenheit zu verändern; dann ändert sich auch ihre Wirkung.


Wie funktioniert Gestalt?

Die Struktur aktueller Erfahrung und die Beschaffenheit des Kontaktes mit sich selbst und der Umwelt wird beleuchtet. Hierbei spielt keine Rolle, was erfahren, gesagt, getan oder erinnert wird, sondern vielmehr wie es passiert. Durch die Arbeit an dieser sehr persönlichen Erfahrungsstruktur im Hier und Jetzt wird es möglich, die dynamischen Beziehungen zwischen Klient/in und Umwelt zu beleben, so dass der Kontakt erhöht, das Gewahrsein unterstützt und dem Verhalten Tatkraft verliehen wird.